Impuls

Zeit und Ewigkeit

Impuls für den Sonntag Jubilate: 2. Korinther 4,14-18

Impuls zu 2. Korinther 4,14-18 (in Auszügen)

Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.

Stefanie Bauspieß lächelt in die Kamera.
Foto: privat
Stefanie ­Bauspieß ist Pfarrerin in Ulm-­Grimmelfingen.

Hoffnungsvoll klingen diese Worte. Allerdings: Paulus mag theologisch recht haben, doch wo ist der Alltagsbezug? Ich neide Paulus seinen Optimismus und seine Kraft, mir fehlt manchmal beides. Habe ich eine Aufgabe erledigt, stehen schon zwei neue an. Ich fühle mich erschöpft. Sport und bewusste Ernährung ändern nichts am Älterwerden des Körpers, an so manchem Zipperlein – und innere Erneuerung erkenne ich nicht.

Und dann sagt Paulus auch noch, alle Sorge und Bedrängnis seien zeitlich und leicht. Ein guter Seelsorger bist du nicht, Paulus! Trotzdem spricht Hoffnung aus diesem Text. Machen wir uns auf die Suche. Paulus stellt Gegensatzpaare vor: die Gleichzeitigkeit vom äußeren und inneren Menschen, von Zeit und Ewigkeit, von Sichtbarem und Unsichtbarem. Ich frage mich – wo begegnen mir diese Gegensätze?

Bei Taufen geht es mir manchmal so, wenn sich Eltern als Taufspruch die Verse 11 und 12 aus dem 91. Psalm aussuchen. Als Mutter denke ich dann: Hoffentlich setzen die Eltern nicht zu viel auf diesen Engel. Meine Kinder sind schon älter – und ich weiß, was alles passieren kann. Mit solchen Gedanken beginne ich natürlich kein Taufgespräch. Obwohl – gelegentlich schon: Ich frage nach, was sich die Eltern von der Taufe erhoffen. Ob sie wissen, dass sie keine Lebensversicherung ist. Interessante Gespräche ergeben sich da und auf einmal sehe ich Paulus neben mir sitzen, der vor Freude in die Hände klatscht und vom äußeren und inneren Menschen spricht. Denn mit der Taufe verändern wir uns nicht äußerlich. Aber innerlich werden wir neu ausgerichtet. Wir sind weiterhin gefährdete Menschen und doch für immer aufgehoben. Selbst als Erwachsene, wenn wir unsere Eltern längst zu Grabe tragen mussten, bleiben wir Kinder Gottes.

Auch bei Trauungen wird die Kollision von Glaube und Erfahrung deutlich: als Spannung zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem. Das sichtbar Festliche, die Ringe einerseits, das Unsichtbare des Segens andererseits. Denn das spüre ich trotz allem Weltlichen bei den Brautpaaren: Es geht nicht nur um die Zeremonie mit dem weißen Kleid, es ist die Sehnsucht nach einem Segen, den man sich nicht selber zusprechen kann. Eine Sehnsucht nach unvoreingenommenem Angenommensein, das in unseren menschlichen Beziehungen so oft fehlt. Auch hier zwinkert Paulus mir zu, und ich meine, dass er Verständnis hat für die Sichtbarkeit der geschmückten Kirche und unseren modernen Trau-Traditionen, die als Ausdruck für den unsichtbaren Geist Gottes fortdauern.

Bleibt die Spannung zwischen Zeit und Ewigkeit. Und da brauche ich Paulus gar nicht zu bemühen – auf dem Friedhof ist sie stets spürbar: die christliche Paradoxie, bei Beerdigungen im Angesicht des Todes vom ewigen Leben zu sprechen. Ein Umstand, der für die Angehörigen nur schwer zu begreifen und trotzdem oder gerade deshalb der einzige Trost ist.

Paulus schreibt den Korinthern in einer Zeit, in der sie fast verzweifeln zwischen dem, was sie glauben, und dem, was sie leben. Er will ihnen mit diesen Zeilen Hoffnung machen. Und auch uns macht Paulus damit Hoffnung. Denn gerade in der Spannung zwischen innen und außen, zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, zwischen Zeit und Ewigkeit findet Glaube statt.

Gebet

Gott, dir verdanken wir alles Leben, unsere ganze Welt. Wie oft leben wir ohne Ehrfurcht vor deiner Schöpfung und ohne Liebe zu deinen Geschöpfen. Schenke uns Augen, die deine Welt wirklich sehen, Augen, die einander wirklich wahrnehmen, und Herzen, die dich und deine Welt lieben. Amen.

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

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